Firmengeschichte Haus Wiedamann
Im Jahre 1821 gründet Adam Friedrich Wiedamann eine Zinngießerei in Regensburg. Die Werkstatt , zu der auch ein Geschäft gehört, befindet sich zunächst im Goliathhaus. In den achtziger Jahren des vorletzten Jahrhunderts zieht die Firma in die Brückstraße Nr.4 . Bis heute besteht das Haus Wiedamann an diesem Platz. Eugen Wiedamann beliefert mit seinen Zinn-Gegenständen und -Geschirren bürgerliche und adlige Haushalte in Regensburg. Dabei hat er den Ehrgeiz nicht nur praktische Dinge herzustellen, sondern ihnen auch eine ansprechende Form zu geben. Schon 1910 präsentiert er ein Geschirr im Stil des Münchner Jugendstils auf der Oberpfälzer Kreisausstellung. Er arbeitet es nach einem Entwurf des Künstlers Christian Metzger. 1911 besucht er den Meisterkurs des Bayerischen Gewerbemuseums. Und 1914 stellt er dann kunstgewerblich wertvolle Judaica auf der Deutsche Werkbund Ausstellung in Köln aus. Sein Sohn Richard Wiedamann tritt in die Firma ein. während seiner Zeit entsteht eine rege Zusammenarbeit mit bekannten Künstlern und Designern wie zum Beispiel Wolfgang von Wersin. Aber auch Richard Wiedamann selber gestaltet wunderbare schlichte Zinngegenstände im Stil der neuen, modernen Sachlichkeit, die noch heute begeistern. In dieser Zeit erlangen die Produkte der Zinngießerei Wiedamann weltweite Bedeutung.
So werden die Entwürfe von Richard Wiedamann mit zahlreichen Preisen, wie dem Grand Prix der Weltausstellung 1937 in Paris, belohnt. Erst in den achtziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts wird die Zinngießerwerkstatt endgültig geschlossen. Das Geschäft wird aber bis zum heutigen Tag von der Familie betrieben.
1821
Gründung der Zinngießerei in Regensburg, zunächst im Goliathhaus
1880
Umzug in die Brückstraße, seitdem lückenlos am selben Platz, zur Werkstatt gehört jetzt ein Laden. Produktion von Gebrauchs-und Repräsentationsgeschirr für adlige und bürgerliche Haushalte
1873-1954
führt Eugen Wiedamann das Unternehmen und schafft Objekte des gehobenen Kunsthandwerks
1910
Präsentation eines Geschirrs im Münchner Jugendstil nach einem Entwurf des Künstlers Christian Metzger (1873-1954)
1911
Besuch des Meisterkurses des Bayerischen Gewerbemuseums
1914
Präsentation von Judaica im Jugendstil auf der Deutschen Werkbund Ausstellung in Köln
1929
Produktion nach Entwürfen von Wolfgang von Wersin (1882-1976) im Stil der neuen Sachlichkeit
1905-1969
Richard Wiedamann, eigene Entwürfe
1937
Grand Prix auf der Weltausstellung in Paris
1937 und 1940
Ehrendiplome auf den Triennalen in Mailand
Ankäufe durch Neue Sammlung München, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Grassimuseum Leipzig und das Historische Museum der Stadt Regensburg
2016
Ausstellung im Kunst-und Gewerbeverein Regensburg unter dem Titel Weg zur Form
Die Familie Wiedamann
In der Mitte des 18. Jahrhunderts verlässt der 1752 geborene Johann Konrad Wiedamann seine fränkische Heimat um eine Bäckerlehre zu beginnen. Während seiner Wanderjahre kam er wohl auch nach Regensburg und beschloss sich dort niederzulassen. Sein jüngstes Kind, Adam-Friedrich Wiedamann ( 1791 bis 1860), ergriff den Beruf des Zinngießers und begründete damit die Zinngießerei Wiedamann, die bis in die achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts bestand. Adam Friedrich Wiedamann lernte das Handwerk bei seinem Schwager Christian Gottlieb Weschke, der mit seiner ältesten Schwester verheiratet war. Die Wechkesche Zinngießerei gab es damals schon seit fünfzig Jahren in Regensburg und sie bestand fort bis zum 1. Weltkrieg.
1821 kaufte Adam Friedrich ein Haus am Watmarkt in Regensburg. Dort richtete er sein Geschäft ein. Im selben Jahr wurde er auch ordentlicher Bürger von Regensburg und konnte dann seine Meisterprüfung ablegen. Trotz erheblicher Konkurrenz -es gab damals zehn Zinngießereien in Regensburg – konnte er sein Geschäft noch um eine Handlung mit Steinzeug erweitern und wurde zu einem sehr angesehenen Bürger der Freien Reichsstadt. Nach seinem Tod ging das Geschäft an seinen ältesten Sohn über, Johann Jakob Wiedamann, der auch die Meisterprüfung im Zinngießergewerbe abgelegt hatte. Unter diesem Inhaber florierte der Betrieb ganz besonders. Denn er bediente sich ganz neuer, moderner Methoden, indem er die bis dahin handbetriebenen Schwungräder der Drehbänke in der Gießerei mit Gasmotoren versah.
Seine Frau führte am Watmarkt das Geschäft mit einem inzwischen umfangreichen Sortiment an Glas- und Porzellanwaren.
1874 übergab er die Firma aus Gesundheitsgründen an seinen Bruder Eugen Friedrich Wiedamann (1853-1907), der 1866 die Meisterprüfung abgelegt hatte. Dieser verlegte 1880 die Werkstatt und den Laden in die Brückstraße, wo er das ehemalige Gasthaus „Zum wilden Mann“ gekauft und für seine Zwecke umgebaut hatte. Das Sortiment wurde hier noch um Spielwaren erweitert.
1902 übernahm sein ältester Sohn Eugen Wiedamann die Firma. Auch er war Meister der Zinngießerei und Graveur. Während seiner Zeit wurden die Geschäftsräume noch erweitert, so dass das Haus von der Brückstraße bis zum dahinter liegenden Posthorngässchen reichte. Inzwischen wurden viele Mitarbeiter beschäftigt und die Firma Wiedamann hatte einen Kundenkreis erworben, der weit über Regensburg hinausreichte.
Der Sohn von Eugen Wiedamann, Richard Wiedamann (1905-19 ), war ebenfalls Zinngießer und Graveur und schaffte mit seiner Kreativität ganz neue künstlerische Möglichkeiten der Zinn-Bearbeitung. Während seiner Ägide erlangte die Firma weltweite Bekanntheit. Er entwickelte selber einen zeitgemäßen Stil, der von der neuen Sachlichkeit des Bauhauses beeinflusst war. Zudem gelang es ihm wichtige Künstler und Designer seiner Zeit zur Gestaltung von neuen Formen zu verpflichten.
Dessen Sohn (1932-2011) allerdings, der ebenfalls Richard hieß, hatte ganz andere, nämlich musikalische Interessen. Er war ein bekannter Pianist, Komponist und Musikschulleiter. Außerdem war er Gründer des Bayerischen Jazzweekend und des Bayerischen Jazzinstituts. Er verkaufte die Zinngießerei. Bis in die achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts wurden noch Zinn mit dem Wappen des Hauses Wiedamann gegossen. Heute existiert die Gießerei nicht mehr. Das Geschäft wurde aber stets von den Frauen der Familie geführt und weitergegeben an die nächste Generation. So führen die Witwe von Richard Wiedamann und ihre Tochter das Geschäft bis heute.